Auf den Spuren Wannenmachers am 2.9.2017 in Rottweil
|
Auf den Spuren des Malers Joseph Wannenmacher in der Predigerkirche / Dominikanerkirche in Rottweil
Die Grundsteinlegung der Predigerkirche in Rottweil erfolgte im
Jahr 1268 auf Veranlassung von Albertus Magnus.
Nach der Fertigstellung wurde die Kirche als Klosterkirche des Rottweiler Dominikanerklosters geweiht.
Im Zeitraum 1752-1755 wurden der Chor neu eingewölbt und das
bis dahin flach gedeckte Langhaus vergrößert und mit einem halbkreisförmigen Tonnengewölbe neu aufgebaut.
Das Innere der Kirche wurde im spätbarocken Stil gestaltet.
Durch die jeweils vier Wandpfeiler auf der Nord- und der Südseite enstanden insgesamt zehn Seitenkapellen.
Mit dem Sebastiansaltar rechts vom Hauptaltar, dem Thomasaltar und dem Ursulaaltar auf der Nordseite sowie
dem JHS Namen-Jesu-Altar links vom Hauptaltar, dem Katharinenaltar und dem Dominikusaltar auf der Südseite sind heute
noch insgesamt sechs Seitenaltäre vorhanden.
Nach der Baufertigstellung erhielt im Frühjahr 1755 Joseph Wannenmacher aus Tomerdingen den Auftrag, die neue Kirche
nach vom Bauherren vorgegebenen Malfeldern und Themen auszumalen.
Im östlichen Deckenfresko des Chorraums werden die heiligen Dominikaner verherrlicht.
Unter dem Wolkenhimmel mit der heiligen Dreifaltigkeit weist Maria im blauen Mantel auf Paulus und Petrus. In der
Bildmitte ist der Gründer des Dominikanerordens Dominikus dargestellt.
Er steht u.a. über Papst Pius V.(mit Handkreuz) und einigen Heiligen und Seligen des Ordens: Hl. Vinzenz Ferrer (mit Posuane), Hl. Hyazinth v. Polen (mit Monstranz
und Marienstatue), Hl. Thomas v. Aquin (mit Sonne auf der Brust und Schreibfeder), Bischof Albertus Magnus
und Hl. Katharina v. Siena.
Das westliche Deckenfresko des Chors ist dem Hl. Dominikus, dem Verbreiter des Rosenkranzgebetes gewidmet.
Oben sehen wir den Sohn Gottes mit drei Pfeilen in der erhobenen rechten Hand als strafenden Richter,
darunter die als Himmelskönigin dargestellte Gottesmuter Maria.
Sie reicht dem Ordensgründer Dominikus einen Rosenkranz mit dessen Hilfe die sündigen Menschen die Gnade Gottes
wiedererlangen sollen.
Dominikus gibt den Rosenkranz weiter zur Erdkugel und damit an die Menschheit. Diese wird symbolhaft durch vier um
die Weltkugel gruppierte Menschen dargestellt, mit deren Farbe und Kleidung die vier Erdteile symbolisiert werden.
Auf der Erdkugel finden wir die Signatur Wannenmachers: JW jnvenit et pinxit 1755.
Im Hauptdeckenbild des Langhauses steht im hellstrahlenden Mittelpunkt das Dreieck der Dreifaltigkeit
und das Rottweiler Gnadenbild, die Mutter Gottes mit ihrem Kind.
Das die Madonna umgebende göttliche Licht wird in einem feinen Strahl bis auf die kleine
Predigerkirche gerichtet, die zwischen der deutlich größeren Heilig-Kreuz-Kirche und der Kapellenkirche liegt.
Vor der Stadtsilhouette ist die Belagerung Rottweils durch die Franzosen im Jahr 1643 dargestellt.
Es zeigt die Kämpfe vor der Stadtmauer am Hochbrücktor und hinter dem Belagerungsring fällt die Entscheidung:
Der französische Marschall Guébriant wird angeschossen und stürzt aus seiner Kutsche.
Nach der Vertreibung der französischen Truppen im Sommer 1643 stand Guébriant im November mit seiner neu geordneten
Truppe erneut vor der Stadt.
In ihrer Not versammelten sich die Rottweiler Bürger -wie am nördlichen Bildrand
dargestellt- abends in der Dominikanerkirche zum Rosenkranzgebet. Dabei wurden von den um Hilfe Betenden Veränderungen
der Gesichtsfarbe und ein Drehen der Augen an der Madonnenfigur wahrgenommen und als Zeichen des göttlichen Beistands
gedeutet.
Im Westteil des Freskos sind die drei göttlichen Tugenden Glaube Liebe und Hoffnung vor einem großen Rokokotor
dargestellt.
In der Mitte thront die Fides (der Glaube) mit Kelch und Hostie in der linken Hand und einem Kreuz und
der Bibel in der rechten Hand. Links von ihr steht die Liebe mit dem flammenden Herzen in der rechten Hand.
Im grünen Gewand sitzt rechts die Hoffnung mit Anker und Blütenzweig.
Am westlichen Bildrand hat Wannenmacher sein Werk weit lesbar signiert und verdeutlicht, dass er einen Teil
seiner Ausbildung in Rom absolvierte.
Das vordere Deckenfresko des Langhauses behandelt die siegreiche Seeschlacht von Lepanto.
Im fünften Venezianischen Türkenkrieg errangen die christlichen Mittelmeermächte 1571 vor dem Golf von Patras bei
Lepanto -organisiert vom Dominikanerpapst Pius V. und unter der Führung Spaniens- einen überraschenden Sieg über das
Osmanische Reich.
Im Wannenmacher-Fresko kniet Pius V. rosenkranzbetend vor einem Altar mit einem rosenbekränzten Abbild des
Gnadenbildes Salus Populi Romani in the Santa Maria Maggiore Basilica in Rom. In einer Vision erblickt der Papst
den Sieg der christlichen Flotte über die Türken.
Vom offenen Himmel strahlt von der Heiliggeisttaube der Gnadenstrahl auf Pius V.
Vom Papstkreuz eines Engels zucken Blitze gegen die feindlichen Schiffe, zwei andere Engel feiern den Sieg mit
Posaunenklängen.
Im hinteren westlichen Deckenfresko über der Orgel wird Maria um ihre Fürsprache bei Gott gebeten.
Im strahlenden Himmel fliegt die Heiliggeisttaube, neben ihr ist Gottvater mit Weltkugel und Zepter zu sehen.
Das Zepter weist auf das Gnadenbild der Rottweiler Madonna von der Augenwende.
An der Muttergottesstatue des Rosenkranz-Altares der Predigerkirche soll 1643 im Dreißigjährigen Krieg
während der zweiten Belagerung Rottweils durch Marschall Guébriant von zahlreichen Gläubigen, die im Rosenkranzgebet
von ihr Hilfe erflehten, zweimal das Wunder der Augenwende beobachtet worden sein.
Nach der Niederlage der belagernden Truppen und der Rettung Rottweils wurde der glückliche Ausgang der Fürsprache
Marias zugeschrieben.
Kniend erhalten Dominikus (mit Lilie, Weltkugel und fackeltragendem Hund) und Katharina von Siena (mit Dornenkrone
und Lilie) von der Gottesmutter jeweils einen Rosenkranz.
Maria blickt auf eine Schar von Hilfesuchenden, die ihre auf Pargamentblätter geschriebenen Bitten entgegenhalten:
Eine Frau bittet um die Vergebung ihrer Sünden (Veniam peccatorum), ein Kind bittet um Brot (Panem), eine alte Frau
betet um einen guten Tod (Bona mortem) und eine Dame im violetten Mantel um fromme Gesinnung (Devotionem).
Am unteren Rand des Freskos suchen Kranke um Heilung (Sanitatem) nach und ein junger Mann -wohl ein Selbstbildnis Wannenmachers-
bittet mit leerem Beutel um einen Auftrag.
Ein Engel nimmt die Bittgesuche für Maria entgegen und verkündet mit dem 'Fiat' auf einem Pergamentblatt
die Gewährung durch Maria.
|
Blick aus der Kirchenmitte zum Altar
Deckenfresken im Chor der Predigerkirche
Deckenfresko über dem Hochaltar
Westliches Deckenfresko im Chorraum
Wannenmachers Hauptdeckenbild
Hauptfresko: Die Belagerung von Rottweil
Hauptfresko: Die drei göttlichen Tugenden
Östliches Deckenfresko im Langhaus
Westliches Deckenfresko über der Orgel
Langhausdecke in der Predigerkirche
|
Literatur:
Michel Reistle: Joseph Wannenmacher ein schwäbischer Kirchenmaler des
18. Jahrhunderts und sein Verhältnis
zum Bildhauer Wenzinger; EOS-Verlag St. Ottilien, 1990
Informationen zur Geschichte der Dominikanerkirche in Rottweil findet man auf der
Webseite der Predigerkirche:
➜ Die Geschichte der Predigerkirche Rottweil